Koen van den Broek
Out of Space
April 17 – June 14, 2008
Viel mehr als der Himmel oder das Licht – zwei klassische Motive der westlichen Landschaftsmalerei – bestimmt das Motiv des (Erd-)Bodens unser Sein als Wesen, die der Welt nicht distanziert gegenüber stehen, sondern als Teil dieser greifbaren Wirklichkeit buchstäblich mit ihr verwurzelt sind. In seinem Katalogtext ‘To Curb One’s Enthusiasm’ (2007) schreibt Dieter Roelstraete weiter, dass kein anderer Maler sich diesem fundamentalen Topos der Erde als Grund und eben nicht als Landschaft so verschrieben habe, wie der Belgier Koen van den Broek.
Wir freuen uns sehr am 16. April um 18.00 Uhr mit Out of Space unsere zweite Einzelausstellung mit Gemälden von Koen van den Broek zu eröffnen.
Tatsächlich zeigt uns van den Broek seit seiner ersten Einzelausstellung Borders 2001 bei Jay Jopling / White Cube in London in den meisten seiner Landschaftsgemälde nicht die Welt als Alltagswirklichkeit eines Erzählers. Vielmehr negieren seine Randsteine, Kurven, von der Trockenheit aufgerissene Erdböden, oder auch verwaiste Straßenzüge jede Subjektivität und Handlung. Geschichten lassen sich weder entdecken noch hineininterpretieren, denn van den Broek reduziert seine Bildinformationen auf das für das Erkennen einer Landschaft nötige Minimum. Ausgehend von eigenen Fotografien, nähert er sich malerisch der Abstraktion an und untersucht dabei die essentiellen Bedingungen unserer visuellen Wahrnehmung.
Das Bild Hillsboro #2 etwa wird bis auf die rechte und linke obere Bildecke fast vollständig von einer monochromen, weißrosa Fläche ausgefüllt, die vereinzelt von grauen, mit starkem Pinselstrich ausgeführten Flecken rhythmisiert wird. Was uns als reine, abstrakte Malerei erscheint wird durch das Hinzufügen von wenigen Linien zu einer Momentaufnahme einer Straße, eines urbanen Raumes. Tiefe entsteht durch eine schwarze und eine rote Linie, die vom unteren Teil des Bildes schräg auf einander zulaufen. Eine Straße wird durch drei horizontal gestaffelte Linien erkennbar, die wir als Teernähte lesen, die die einzelnen Betonplatten zusammen haltenden. Das genügt van den Broek. Es gibt keine Menschen, keinen Baum, keinen Horizont, keinen Himmel, keine Bewegung – keinen Zeitverlauf. Es geht ihm auch nicht um die Abbildung eines bestimmten Ortes, sondern allein um die Grenzen und Möglichkeit des Abbildens überhaupt und für diese Untersuchung ist die Erde als Grund unseres Daseins sein Motiv.
In der in unserer Ausstellung zum ersten Mal gezeigten Werkgruppe Out of Space, setzt er diese Auseinandersetzung zwar fort, doch hat er dafür einen völlig neuen und in seinem Werk bislang einzigartigen Ansatz verfolgt.
Basierten seine Werke bislang immer auf eigenen Fotografien, resultiert die aus 12 Werken bestehende Out of Space-Gruppe aus einer Zusammenarbeit mit dem u. a. für seine Übermalungen von Filmstills berühmten, amerikanischen Konzeptkünstler John Baldessari. Dieser hatte für van den Broek Stills verschiedener, unbekannter Spielfilme ausgewählt, die jener dann malerisch bearbeitete.
Doch während die Übermalungen Baldessaris immer narrative Veränderungen und inhaltliche Aufladungen zum Ziel haben, konzentrierte sich van den Broek bei seinen Interventionen ganz auf das Spannungsverhältnis von Malerei und Wirklichkeit. Zum Beispiel hinterfragte er die hierarchische Struktur der Bildrezeption, in dem er mit der farbigen Übermalung von Schatten Bildelemente betonte, denen bei einer originären Betrachtung der Fotografie keine Bedeutung beigemessen wurde.
In den nun ausgestellten Gemälden wiederholt van den Broek seine malerischen Interventionen auf den Filmstills auf eigenen Leinwänden und spiegelt damit seine bisherige Vorgehensweise im Umgang mit fotografischen Vorlagen. War er bislang bemüht, die Bildinformationen seiner Fotos in der Malerei so stark zu reduzieren, dass die abgebildeten Motive nur noch durch wenige Pinselstriche davon abgehalten wurden, die Grenze zur Abstraktion zu überschreiten, nähert er sich dieser Grenze zwischen Figuration und Abstraktion in den neuen Arbeiten von der Abstraktion kommend.
Diese Loslösung von der verpflichtenden Abbildung gibt van den Broek die Möglichkeit, sich noch stärker auf das malerische Moment zu konzentrieren. Das Bild American Image basiert zum Beispiel auf einem Filmstill, auf dem vor einem mit Zeitschriften überhäuften Tisch eine Bank mit zusammengeknüllten Kleidungsstücken zu sehen ist. Über dem Tisch hängt eine Lampe mit Neonröhren.
Versucht der Betrachter normalerweise die verschiedenen Gegenstände zu einer Geschichte zu verknüpfen, bezieht sich van den Broek ausschließlich auf die jeweiligen Formen der Gegenstände und ignoriert ihre Bedeutung. So ist der Tisch mit den Zeitschriften nur noch als helle Negativform in einem schwarz ausgemalten Feld zu entziffern, das den Bildraum definiert. In diese Grundform hinein setzt van den Broek blaue und grüne Farbfelder dorthin, wo im Foto die Kleidungsstücke zu sehen waren und die Neonlampe wird als Form durch einen roten Balken ersetzt.
Diese Vorgehensweise läuft dem Erkennen zu wider. Die Farben werden nicht mehr als definierende Attribute bestimmter Objekte funktionalisiert. Die verwendeten Volltöne entsprechen nicht mehr der Wirklichkeit, sondern sind allein kompositionsbedingt gewählt. So bleiben die Out of Space-Arbeiten abstrakt und vermitteln dennoch eine Ahnung von der Wirklichkeit der zugrunde liegenden Szenerien. Ohne die sinnstiftenden Details der Fotografien erscheinen die Bilder wie undeutliche Erinnerungen an einen Ort oder ein Geschehen, die sich dem Erkennen verweigern. Diese Verweigerung der inhaltlichen Aufklärung öffnet den Blick des Betrachters für die kompositorische Spannung, die van den Broek im Wesentlichen mit dem Einsatz der Farben erzielt. Sie öffnet den Blick für das große Thema des Künstlers Koen van den Broek – die Bedingungen und Möglichkeiten der Malerei.
Much more than air or sky, the longstanding pictorial subjects of some of western art’s finest triumphal moments, “ground” effectively defines us as beings that partake and literally root in the palpable reality of our earthly home. In his essay, ‘To Curb One’s Enthusiasm’ (2007), Dieter Roelstraete asserts that no other painter has dedicated his painting more to this topic of the world as a ground upon which we are standing (and not as a landscape that we are seeing) than the Belgium artist Koen van den Broek.
On April 16 at 6 p.m., we are pleased to be presenting our second show with works by Koen van den Broek – Out of Space.
In most of his landscape paintings, van den Broek, since his first single exhibition Borders 2001 at Jay Jopling’s / White Cube in London, show us the world as the daily reality of a pictorial narrator. In fact, his curbs and curves, as well as his cracked and deserted streets all negate subjectivity or narration. Stories cannot be detected in or put – by the way of interpretation – into the paintings because van den Broek reduces the information given by an image to the bare minimum necessary to recognize it as a landscape. Starting with his own photographs, he approaches painterly abstraction and – at the same time – researches the essential conditions of our visual reception.
For instance, the painting Hillsboro #2 is – with the exception of the two upper corners – almost totally painted in a bright rosé that receives its rhythm by single grey spots done with a strongly visible brush stroke. What would appear as pure abstract painting is thereby turned into the depiction of a street, an urban space at a very specific moment. Depth is created by a black and a red line that almost merge in the upper half of the painting. The street can also be detected as such by the addition of three horizontal lines that are deciphered as the tar that holds together the cement plates. These elements are sufficient for van den Broek. There are no human beings, no trees, there is no horizon, no sky, no movement – no depiction of time whatsoever. The representation of a particular place is not what interests the artist. Just the limits and possibilities of depicting or representing his dominating motif – the ground on which we are grounded. In our exhibition, we show for the first time the series Out of Space. In the series, Koen van den Broek continues his discourse on painting, however, he does it with a totally new and up to now singular stance. Whereas his works until this point have always been based on his own photographs, in this group of 12 paintings he uses images – stills from unknown films – chosen by John Baldessari, the US-American conceptual artist known also for painting on photographs, as the basis.
While Baldessari’s own paintings upon photographs lead to a changing of the narrative and of the content of the image, van den Broek choses to underline the relation between the representation of reality and painting in his interventions. For instance, he questions the hierarchical structure of the perception of an image by stressing the shadows by painting over them instead of placing the paint on the objects that cast the shadows, that is, the objects that are looked at generally when an image is seen.
In the works exhibited in our show, van den Broek
repeats his painterly interventions on the film stills and is thereby
mirroring his usual strategy of working with photographic templates.
However, whereas up until now he has tried to reduce the information of
the photos in his paintings in a way that the paintings almost tended to
be an abstract work, in the new works he approaches the border between
figuration and abstraction by coming from abstraction.
The
independence from the representation gives him the chance to concentrate
even more on painting as such. For example, the work American Image
is based on a film still that shows a table with piles of newspapers on
it and a bench covered with clothes standing in front of the table.
Over the table hang neon lights. While the viewer normally tries to
combine the elements to a story, van den Broek counters this tendency
and ignores the significance of the objects by concentrating on their
forms. The table, for instance, is seen only as a bright negative form
in a black field that defines the space of the painting. Within this
form, van den Broek places blue and green fields at locations where
before the clothes were seen and – in addition – replaces the neon lamp
with a red beam.
This procedure runs counter to the process of recognizing. Colors are no longer functionalized as defining attributes of particular images. The full tones do not represent reality anymore, but instead are chosen following the necessities of the composition. This means that the works of the Out of Space series remain abstract even though they allude to the sceneries of our realities. Without the details that lead towards the content of a photograph, the images seem to be vague souvenirs reminding us of a place or a story, which resist full recognition. This resistance to throw light on a story opens up the viewer’s understanding for the compositional tension of the work reached by the use of colors. This also allows an understanding of the large topic of the painter Koen van den Broek – the conditions and possibilities of painting.