Elan Greenwald
A Matter of Appearance

April 17 – June 13, 2015

Wir freuen uns, am 16. April 2015 um 19 Uhr mit A Matter of Appearance unsere erste Einzelausstellung Elan Greenwalds (*1983, Los Angeles) zu eröffnen. In den letzten sechs Monaten war Greenwald Fellow an der Kölner Kunsthochschule für Medien. In dieser Zeit arbeitete er an einem Projekt über das kolossale, nationalsozialistische Seebad Prora, das im Mai bei Agency in Los Angeles ausgestellt werden wird. In Köln zeigen wir in Greenwalds erster Einzelausstellung überhaupt zwei Werkgruppen:

Deren erste, A Matter of Appearance, die unser Ausstellung den Titel gibt, besteht aus drei Kategorien von Objekten: sieben aquarellierte “Portraits” von Greenwalds am meisten geschätzten Künstlern: Michael Asher, Daniel Buren, Felix Gonzalez-Torres, Dan Graham, Mike Kelley, Mathias Poledna und Stephen Prina. Eine Gruppe gescannter und perfekt digital manipulierter Bordkarten mit den Namen dieser Künstler und – zu lesen durch ein komplexes Zeichensystem – deren Ausstellungsgeschichte und Alter. Und, schließlich, ein Video vom Künstler selbst, bekleidet mit einem weißen Overall, der mit in der wirklichen Welt existierenden Logos bedeckt ist, die seinem Vornamen entsprechen. Jahrhundertelang haftete der Aquarelltechnik der Ruf an, das Medium schlechthin der Dilettanten zu sein, genutzt von denen, die Zeit im Überfluß hatten. Während Greenwald nicht zu dieser Gruppe von Menschen gehört, knüpfen seine Aquarelle an diese romantische Vorstellung an. Und: Wenn man die Aquarelle als “Portraits” beschreibt, könnte man meinen, sie würden tatsächlich die genannten Künstler zeigen und zwar auf einem Flug von einem Ort zum anderen. Dagegen schildert Greenwald (mit dem Pinsel) die Künstler als Flugpassagiere oder er malt, abstrakter formuliert, letztlich leere Repräsentationen von Künstlern, die einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Kunstwelt als Lehrer oder Aussteller erlangt haben – erfolgreiche und mithin viel per Flugzeug reisende Künstler mit einem internationalen Netzwerk. Indem er diese Künstler nicht wirklich repräsentiert, indem er seinen Bildern die persönlichen Gesichtszüge vorenthält, die ansonsten die Portraitierten als spezifische Personen identifizierbar gemacht hätten, indem er also so malt, wie er malt, stellt Greenwald im Grunde ganz allgemein die Repräsentation oder Darstellung von Personen dar. Die Beziehung zwischen dem Portraitierten und den Bildern ist austauschbar.

Alle sieben Künstler waren ihm als potentiell interessant für ihn von seinen Lehrern während des Studiums nahegelegt worden. Die “Portraits” können deshalb auch als Souvenirs der Identifikation und Idealisierung gelesen werden. Außerdem ist den Künstlern ein mehr oder minder konzeptueller Ansatz gemeinsam, mal mit ortsspezifischer Ausprägung, mal in Bezug auf die Zeit, mal kritisch oder sogar politisierend. Die “Institutionskritik ” ist ihr gemeinsamer Nenner und Greenwald stellt sich (als bildungshungriger Student, wenn man so will) vor, irgendwann einmal eine Gruppenausstellung mit ihnen zu kuratieren. Als Meisterschüler, der im Bann dieser Künstler graduierte, wirft er seinen Hut in den aus seinen Favoriten gebildeten Ring.

Die “Bordkarten” ermöglichen, die einzelnen Künstlerindividuen zu identifizieren. Darüber hinaus schildern sie einen plausiblen Reiseweg für jeden der Künstler, ein Reiseweg, der auf ihren Einzelausstellungen zu dem Zeitpunkt beruht, als sie Greenwald nahegelegt wurden. Ferner: die Nummer des Abflug-Gates entspricht dem Alter der Künstler wiederum zu dem Zeitpunkt, als er von ihnen lernte (und damit kann man im Umkehrschluß auch erfahren, wann Greenwald diese Erfahrung machte). Und die Flugnummern auf den Bordkarten entsprechen der Anzahl der Einzelausstellungen, die die Künstler in diesem Moment gehabt hatten. Schließlich offenbaren uns die Bordkarten auch das Heimatland der Künstler. Sie fliegen wahlweise mit der nationalen Fluggesellschaft ihres Landes oder – im Falle der US-Amerikaner – mit einer der drei größten Fluggesellschaften der USA, deren Unternehmensmarken auf nationalen Symbolen basieren.

In dem Video, dem dritten Teil von A Matter of Appearance, sehen wir den malenden Künstler in einem weißen Overall. Dieser ist mit Logos bedeckt, die an den Vornamen Greenwalds erinnern, ein Name, der zu ihm genauso wie zu einer Vielzahl von kommerziellen Produkten und Unternehmen gehört. Das Video besteht vor allem aus sehr nahen, die Logos fast isolierenden Einstellungen. Sie, die filmischen “Schüsse” reproduzieren die immateriellen Qualitäten der Grafikdesign-ten Motive als Zeichen. Durch die methodische, zyklische Wiederholung der Einstellungen, die beides tun, nämlich darstellen und zugleich einen über die Engführung auf das Logo hinausreichenden Blick verhindern, nimmt das Video Züge eines Fetisch’ an.

Die zweite Werkgruppe in der Ausstellung sind sieben Fotografien – und es werden weitere entstehen, denn – wie gesagt – der Künstler hat keine Zeit zu verschwenden. Diese Fotografien zeigen Aquarelle, die ihrerseits anonyme Flugpassagiere zeigen, die quasi en plein air in “airplane”-Kabinen dargestellt sind. Ausserdem sieht man den Klapptisch am Sitz des Künstlers (und damit in diesem Fall: die Staffelei), den Farbkasten, die Pinsel, und andere nebensächliche Gegenstände auf dem Tisch. Die dem Aquarell inhärente Unmittelbarkeit wird durch die Fotografie des Entstehungskontextes und – in einigen Fällen – gar von Körperdetails des Künstlers selbst gebrochen. Zwischen den Betrachter und das Aquarell schiebt sich die sterile Oberfläche der Fotografie.

We are pleased to inaugurate on April 16, 2015 at 7 pm with A Matter of Appearance our first solo exhibition of Los Angeles artist Elan Greenwald. Greenwald was a Fellow at Cologne’s Kunsthochschule für Medien for the last six months. He worked on a project about the colossal Nazi beach resort Prora that will be shown at Agency in Los Angeles this May. In Cologne we will show Greenwald’s first single exhibition. Here he will exhibit two groups of works:

The first, A Matter of Appearance, the work that gives the exhibition its title, consists of three categories of objects: seven watercolor “portraits” of Greenwald’s “favorite” artists; Michael Asher, Daniel Buren, Felix Gonzalez-Torres, Dan Graham, Mike Kelley, Mathias Poledna, and Stephen Prina. A group of scanned and perfectly digitally manipulated boarding passes that bear these artists’ names and – through an intricate system of signs – their exhibition history and age. And, finally, a video showing the artist himself, clad in white coveralls covered in real-world logos using his first name.

Over centuries, watercolor has earned a reputation as a dilettante’s medium, used by those with “time to waste”. While Greenwald does not have time to waste, these paintings, his first works in watercolor, draw on that impression. Also: By describing the watercolors as “portraits” one could be mislead to think that they really show the artists while they are flying from one place to another. However, Greenwald rather pictures (with his brush) these artists as airplane passengers or, said in a more abstract way, as vacant representations of artists that have a certain importance: artists that have reached a certain notoriety in the art world as teaching or exhibiting artists, successful artists on the move by air within an international network. By not representing the artists, by withholding from his pictures personal features that would otherwise identify the sitter as a specific person, Greenwald depicts the representation of persons in general. The relation between “sitter” and “work” is interchangeable.

All seven artists had been indicated to him as potentially interesting for him by his teachers while he was still a student. The “portraits” thus can be taken as souvenirs of identification and idealization. In addition to that, the seven artists have a more or less conceptual,
sometimes site specific, some times critical and even political praxis in common. “Institutional critique” is the common denominator. As a degree-carrying Master of Fine Arts, having graduated under the spell of these artists, Greenwald throws his name among those of his favorites.

In addition to “identifying” the individual artists, the “boarding passes” give us a plausible flight path for each of the artists based on their solo exhibition history around the date they had been identified to Greenwald. Plus: the departure gate number represents the age of the artists at the time they had been identified (thus telling us also indirectly when Greenwald had learned about them). And the flight numbers on the boarding passes indicate the number of solo exhibitions the artists had had at the moment of identification. Finally, the boarding passes allow us to identify the artists’ countries of origin. They fly on either the flag carrier of their home country or one of the three major US-based airlines whose corporate branding relies on symbols of nationalism.
The video, the third part of A Matter of Appearance, shows the artist painting while clad in white coveralls covered in logos that recall his first name, a name that belongs both to Greenwald and to a variety of commercial products and corporations. The video consists mainly of shots of these logos in near-isolation which faithfully reproduce these graphic design motifs’ immaterial qualities as signs. Through a methodical cycle of shots that both show and withhold from view, the video takes the form of a fetish video.
The second group of works consists of seven – and there are more to come, because, as mentioned, the artist has no time to waste – photographs that show watercolors of anonymous airplane passengers painted in the plein air of airplane cabins, the folding table in front of the artist sitting in a plane (and thus: the easel in this very situation), the paint box, the brushes, and other incidental elements placed on the table. The watercolors’ inherent immediacy is broken by the photograph of the whole context, and sometimes even parts of the artist himself. Between the viewer and the watercolor lies the mediated sterile surface of the photograph.