Ignacio Uriarte
Arbeitsrhythmus 

 

February 4 – April 21, 2012

Wir freuen uns, am 3. Februar 2012 um 19 Uhr mit Arbeitsrhythmus unsere erste Einzelausstellung von Ignacio Uriarte (*1972, Krefeld, lebt in Berlin) zu eröffnen. Mit seiner Klanginstallation ASDFGHJKLÖ betritt Uriarte Neuland. Die Ausstellung wird ergänzt durch Gruppen von Zeichnungen und Fotografien sowie durch die Arbeit Fold Spin Couple, eine Installation aus Papier.

Der im Titel der Ausstellung erwähnte und unser Leben oft dominierende Arbeitsrhythmus wird in der Klanginstallation ASDFGHJKLÖ lebhaft veranschaulicht. In ihr trägt der Musiker Blixa Bargeld vielfach die Buchstaben ASDFGHJKLÖ rhythmisch und mit immer wieder anderer Intonation vor. Diese Buchstabenreihe ist die Anordnung der Buchstaben, die bei den ersten Schreibmaschinen aus mechanischen Gründen – es sollte verhindert werden, daß die am häufigsten benutzten Buchstaben beim schnellen Schreiben verhaken – als zentrale Reihe etabliert wurde. Diese Reihung wurde später für Computertastaturen übernommen, obwohl ihr mechanischer Grund in der digitalen Welt weggefallen war. In dem etwa 33 Minuten dauernden Audio-Loop, der aus – wenn man so will – 28 Kapiteln mit jeweils neun Phrasen/Wiederholungen der Buchstabenfolge besteht, schlägt Uriarte, bzw. schlagen Uriarte und Bargeld, einen Bogen: Ausgehend von einem eher beiläufigen Vortrag der Buchstaben zu intensiveren, merkwürdigeren und besonderen Vortragsweisen zurück zu einer eher beiläufigen Lesart dieser zentralen Schreibmaschinenzeile. Auch innerhalb der einzelnen Wiederholungen sind Rhythmisierungen herauszuhören, es gibt Steigerungen von leise zu laut und umgekehrt von laut zu leise, die den Vortrag der immergleichen Buchstaben zu einer geradezu spannenden Erzählung werden lassen. Eine Erzählung, die letztlich als Sinnbild unseres täglichen Arbeitsrhythmus’ verstanden werden kann. Der Sound wird durch einen großformatigen Siebdruck, auf dem die Buchstabenreihe steht, ergänzt. Dieser Siebdruck ist Teil der Installation.

Uriarte ist durch Arbeiten bekannt geworden, für die er Utensilien aus der banalen Welt des Büroalltags benutzt. Durch Wiederholungen von beiläufigen Gesten und durch die Dekontextualisierung der verwendeten Materialien entstehen Werke, die sich formal und inhaltlich auf die Minimal Art und Konzeptkunst der 60er und 70er Jahre beziehen.

In unserer Ausstellung führt er beispielsweise mit den Schwarz-schwarzen Zeichnungen die unterschiedlichen Qualitäten von Stiften vor Augen: Mit Graphit fast vollflächig ausgefüllte, schimmernde Flächen und Streifen stehen direkt neben Flächen, die mit (vermeintlich) schwarzem Kugelschreiber ausgefüllt sind. Was schwarz sein soll, entpuppt sich als rötlich oder dunkelviolett; Uriarte nimmt darüber hinaus in Kauf, daß die Farbe sich über die Jahre verändern wird und somit der Faktor der Zeit diese Arbeiten einem ganz ausgedehnten Rhythmus aussetzen wird. Die vier unterschiedlich großen Zeichnungen sind jeweils unterschiedlich strukturiert. Einen logischen Sinn dieser Teilungen sucht man vergeblich, es gibt keine plausibeln Zusammenhänge zwischen den Strukturen, so wie eben auch im Arbeitsalltag nicht alles seinen Sinn hat, sondern aus Tradition und der Dominanz des Bürokratismus fortgeführt wird. Eine andere, aus sieben Zeichnungen bestehende Gruppe sind die Überlagerungen. Hier werden zwei Din A4-große, teils überlagerte Flächen locker mit schwarzem, dokumentenechten Pigmentstift ausgefüllt. Allerdings handelt es sich je Fläche um den Stift einer jeweils anderen Marke, so daß wiederum die Zeit zeigen wird, wie farbecht die Industrieprodukte sind. Heute bilden die schwarzen Flächen auf den sieben Arbeiten dynamische Formen, die an die Mengenlehre der Mathematik oder an architektonische Grundrisse erinnern.

Mit Diagonal Weiss zeigen wir ein Diptychon bei dem zwei hochformatige Blätter jeweils diagonal geteilt sind. Auf dem linken Teil des Diptychons ist die linke Hälfte mit einem Rapidograph (Tuschezeichner) und Bleistift mit parallelen, rechtwinkelig zur Diagonalen stehenden Linien bearbeitet, auf der rechten Hälfte des Diptychons ist die rechte Hälfte bearbeitet. So kann der Eindruck entstehen, es handele sich um zwei Hälften eines Blattes oder um eine Spiegelung. Beides trifft nicht zu.

We are proud to inaugurate on February 3, 2012 at 7.00 pm with Arbeitsrhythmus our first exhibition with Ignacio Uriarte (*Krefeld, Germany, lives in Berlin). With his sound installation ASDFGHJKLÖ Uriarte is working on new territory. The exhibition is completed by groups of drawings and photographs as well as by the work Fold Spin Couple, an installation made from paper.

The Work Rhythm (Arbeitsrhythmus), to which the exhibition’s title alludes, is often dominating our lives. It comes vividly to life in the sound installation ASDFGHJKLÖ. In it the German punk musician Blixa Bargeld recites rhythmically and repeatedly the letters ASDFGHJKLÖ with varying tonalities. The order of the letters was established for the first typewriters for mechanical reasons as the central line of letters – the intention of this order was to avoid that the letters used most often got jammed. Later on this order was transferred to the keyboards of the Personal Computer even though its mechanical reason is not valid anymore in the digital world. The audio loop takes approximately 33 minutes and consists of – if you want – 28 chapters with 9 phrases/repetitions in each chapter. In it, Uriarte, respectively Uriarte and Bargeld forge a bridge: they begin with a rather casual declamation of the letters, they head on to more intensive, awkward and particular ways of reciting and they return to the rather casual reading of this central line of a typewriter. Even within the single repetitions one hears specific rhythms, changes from soft-spoken phrases to phrases spoken in a loud voice or vice versa. These changes create an almost exciting narration built with the letters, a narration that can be understood as a mirror of our daily work rhythm. To the sound a large screen print showing the letters of the spoken line, is added. This is part of the installation.

Uriarte got known to a wider public by using utensils from the banal world of our daily office life. By repeating casual gestures and by decontextualizing the used materials he generates works that refer formal- and content-wise to the Minimal and Conceptual Art of the ’60s and ’70s.

In our exhibition he proves, for example, the differing quality of pens with the Schwarz-schwarzen Zeichnungen (Black-black drawings): areas and stripes filled with shining graphite are positioned side by side to areas that are filled with would-be black ball-pen. What should be black turns out to be reddish or a dark violet; Uriarte accepts voluntarily that the color will undergo changes in the course of the years and that thereby the time factor will expose these works to a prolonged rhythm. The four drawings in different sizes have different structures. However, there is no logic to the structures, no plausible relations between them, similar to the sometimes illogical work life that is continued for the reason of tradition and dominance of bureaucracy.

Another group of seven drawings is called Überlagerung (Overlays). Here, two Din A4-planes on a larger sheet are filled with loosely drawn lines from two black pigment-pens with document quality. However, each plane is filled with a pen of a differing company. Again, time will tell how colorfast these industrial products are in the end. Today the black planes create dynamic forms on the seven drawings, forms that remind us of the mathematical set theory or of architectural ground plans.

We also show Diagonal Weiss (Diagonal White), a diptych with two vertical sheets of paper that are each diagonally divided. On the left part of the diptych the left side is filled with lines drawn with a ‘Rapidograph’, a technical pen, and pencil. The lines are positioned at right angle to the diagonal dividing the sheet. On the right side of the diptych the right half has been worked on. That leads to the impression that these are two halves of one sheet or a reflection. Both is not true.