John Smith
Associations
June 21 – August 10, 2013
Wir freuen uns sehr, am 20. Juni mit Associations die erste Einzelausstellung von John Smith im Rheinland zu eröffnen. Zuletzt ist er hier in 2009 in einer Gruppenausstellung in der Temporary Gallery, Köln zu sehen gewesen, 2010 nahm er an der Berlin Biennale teil.
Neben Lost Sound, ein zwischen 1998–2001 in Zusammenarbeit mit Graeme Miller entstandenes Video, zeigen wir mit Associations (1975) und The Black Tower (1985–87) zwei weitere, frühere Arbeiten.
In Lost Sound sehen wir Fragmente von Tonbänder, die in Hackney, einem von vielen Immigranten bewohnten Stadtteil im Nordosten Londons, an Bäumen oder Zäunen hängen oder in Rinnsteinen liegen. Die Bilder von den Tonbändern sind mit Unterhaltungsmusik vor allem aus Afrika oder Asien untermalt, wobei wir natürlich keine Garantie dafür haben, daß die zu hörenden Klänge tatsächlich den gerade in den Bildern gezeigten Tonbändern entnommen sind. Vielmehr sind “Signifikat und Signifikant [auf spielerische Weise] voneinander getrennt” (Ian Christie, Englischer Exzentriker, S. 209). Während aber zu Anfang des Videos der “dokumentarische”, authentische Charakter überwiegt und suggeriert wird, hier sei vor allem ein wirklichkeitsnahes Abbild der Wirklichkeit zu sehen (und zu hören), wird im Verlaufe des Filmes die ästhetische Verfremdung, die Rhythmisierung und Manipulation des Gesamteindrucks von Bild und Ton immer deutlicher. Mit den vermeintlich dokumentarischen, aber immer intensiver und aufeinander abgestimmt strukturierten Bildern und Tönen schafft Smith eine quasi-narrative Bildfolge, die sich mit dem Drehort und seiner Bevölkerung auseinandersetzt.
Associations spielt nicht mit Assoziationen, die Musik in uns hervorruft (und uns an die Immigranten denken läßt, die ein neues Leben im Londoner East End beginnen konnten), sondern vielmehr mit Assoziationen, die die englische Sprache, vor allem wenn sie gesprochen wird, in ihrer Uneindeutigkeit anstößt (zum Beispiel bei den Wortpaaren “to / two” oder “generally / General”). Eine didaktische, monotone Stimme liest einen Text des amerikanischen Psycholinguisten Herbert H. Clark über die Prinzipien des assoziativen Wortspiels laut vor. Smith unterlegt diesen Text mit einer schnellen und immer schneller werdenden Folge von Bildern, die assoziativ auf einzelne Worte und deren Silben bezogen sind, so daß die Ambiguitäten der Sprache untersucht und alternative Bedeutungen für diese sprachlichen Fragmente vorgeschlagen werden: “Es kommt dabei zu urkomischen Wort-Bild-Kombinationen, die sich nicht immer sofort erklären, wenn zum Beispiel unvermittelt ein Esel, eine Nähmaschine oder eine Horde reitender Krieger im Film erscheinen. Die hohe Geschwindigkeit der Bildfolge führt dazu, daß der Betrachter inhaltlich recht bald den Anschluss verliert und sich verstärkt auf die audiovisuellen Reize des ‘Association Games’ konzentriert” (Ingo Clauß, Association Games, S. 11).
The Black Tower, der dritte Film, den wir zeigen, hat eine – im Vergleich mit den beiden oben beschriebenen Arbeiten – konventionelle Struktur. Ein schwarzer Turm scheint den Erzähler zu verfolgen und in eine psychische Zwangslage zu bringen: “Die Erzählung ist so einfach wie unheimlich: Ein Mann bemerkt einen schwarzen Turm, sieht ihn immer wieder von verschiedenen, weit auseinanderliegenden Stellen Londons aus und muss allerdings feststellen, dass er der Einzige ist, der diesen Turm sehen kann. Nach einem besonders unheimlichen Zusammentreffen mit dem Turm beschließt er, zu Hause zu bleiben und sich ihm auf diese Weise zu entziehen” (Kathrin Meyer, John Smiths The Black Tower: Nahaufnahmen des Unzeigbaren, S. 182f.). Geleistet wird dieses Psychogramm jedoch durch einfache Bilder, fast ausschließlich mit statischer Kamera gefilmt: “Ich sammelte eine Reihe von Bildern und schrieb dann eine Geschichte um sie herum. … Der Film sollte mit dem schmalen Grat zwischen dem Eintauchen in ein psychologisches Narrativ und dem Betrachten des Films als das, was er ist – eine materielle Konstruktion, eine Assemblage aus einem bunten Allerlei – spielen. Von daher bewegt er sich ganz langsam zwischen den vollkommen abstrakten Manipulationen von Bildern und einer ganz einfachen Erzählung hin und her” (John Smith in: Catherine Elwes und John Smith, Bild-Übertretungen, o.S.).
Wir danken der Tanya Leighton Gallery, Berlin, für Ihre Unterstützung.