Jonas Maas
Chanala

November 4, 2023 – January 20, 2024
Opening on November 3, 2023

Jonas Maas, dessen vierte Einzelausstellung in unserer Galerie wir mit Chanala zeigen, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Er hat in 2014 sein Kunststudium als Schüler von Tomma Abts an der Düsseldorfer Akademie abgeschlossen. In der Ausstellung zeigen wir eine Reihe neuer Werke, die in den letzten Monaten entstanden sind.

Wie schon zuvor handelt es sich um hybride Objekte, die weder eindeutig als Arbeiten im Raum (Skulpturen oder Reliefs), noch als schlichte Wandarbeiten gelesen werden können. Die abstrakten Bilder sind in Acrylfarbe (zusätzlich manchmal Lack, Tusche, Bleistift und andere Mittel) auf grundierte MDF-Platten aufgetragen. Oft hängen die Platten einige Zentimeter von der Wand entfernt und treten so in den Raum ein.

Auf den Bildern sehen wir geometrische Formen wie Rauten, hauchdünne und breitere Streifen, Rechtecke und Dreiecke etc. Maas positioniert sich mit der Reduktion auf Farben und Formen und seinem Fokus auf Strukturen in der Tradition der Konkreten Kunst. Dabei lässt er jedoch jegliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen außer Acht und fokussiert sich streng auf die Untersuchung von konstitutiven Bedingungen und Möglichkeiten der Malerei. Dies setzt Maas mit der größtmöglichen Intensität, Sorgfalt und Experimentierfreude um.

Im Einzelnen zeigen wir unter anderem eine Gruppe von hoch- und querrechteckigen Tafeln, die an internationale Flaggen erinnern und deren Formation darin tatsächlich ihren Ursprung findet. So kombiniert Maas die Flaggen von Chile und Panama in seinen Arbeiten Ohne Titel (Chanala I und II), die so auch zum Titel der Ausstellung wurden. Dabei geht es nicht darum, Nationalflaggen (ab)zumalen und auch nicht darum, eine zeitgenössische Form für das von Jasper Johns mit seinen Flags eröffnete Bedeutungsfeld zu finden, oder auf historische und aktuelle Zustände in den jeweiligen Ländern der Flaggen hinzuweisen. Es geht schlicht darum, auf der Grundlage der visuellen Daten solcher Flaggen neue, konkrete Kompositionen zu schaffen. Insofern sind die zitierten Flaggen nur als Orientierungspunkte anzusehen.

Interessant ist, wie Jonas Maas seine Kompositionen im Allgemeinen entwickelt und wie sich die von ihm eingesetzten Techniken auf die Komposition auswirken: Ausgangspunkt für die Malereien sind nicht gezeichnete Studien, sondern Bilder, die mit einem Bildbearbeitungsprogramm am Computer entwickelt werden. So kann Maas am PC in verschiedenen Schichten arbeiten und diese Schichten testweise übereinanderlegen, bzw. die Formationen der jeweiligen Schichten isoliert bearbeiten und verändern.

Dem Prinzip, dass nur auf einer Ebene der Bilddatei radiert wird und so darunter liegende Ebenen sichtbar werden, folgt Maas auch bei der Übertragung seiner digitalen Entwürfe auf die dreidimensionalen Arbeiten. Bei einer hochformatigen Arbeit mittlerer Größe wird ein Ausradieren nicht nur auf der Ebene des Bildmotivs angedeutet, stattdessen „radiert“ Maas den gesamten Bildträger X-Formen und offenbart die darunterliegende Schicht in Rot und die innere Rahmen-/Trägerkonstruktion. Das Gemälde entpuppt sich entsprechend als räumlich mehrschichtige Arbeit, die auch noch zwei abgerundete Ecken und eine ebenfalls bearbeitete, gelb bemalte, etwa 3 cm starke seitliche Kante hat und sich entsprechend von der Idee eines traditionellen, rechteckigen Tafelbildes in Öl auf Leinwand entfernt. In dieser Arbeit verknüpft Maas zahlreiche Schichten, die scheinbar willkürlich zusammengeführt werden. Wir sehen einerseits schemenhaft Wiederholungen der Elemente der Holzkonstruktion, andererseits wiederum schemenhafte Ausschnitte eines Portraits, das Connaisseusen und Connaisseure aus der Welt der Mangas kennen, und schließlich und besonders prominent dünne Streifen, die an einen Barcode erinnern.

Das Ganze ist ein Spiel von angetriggerten, aber enttäuschten Erwartungen: immer wieder wird den BetrachterInnen Erkenntnis und Erkenntnismöglichkeit suggeriert und sogleich unterlaufen. Allein die unterste Schicht, die offenbarte Trägerschicht der Arbeit, ermöglicht uns einen Durchblick, ohne jedoch Erkenntnis im weiteren Sinne zu erlauben. Die Wahrnehmung wird, wenn man so will, auf sich selbst zurückgeworfen und wird unter neuen Bedingungen fortgesetzt.

Mit einer größeren, hochformatigen Arbeit stellt Maas seine Fähigkeit unter Beweis, Systeme und Strukturen subtil sichtbar zu machen. Konkret werden Möglichkeiten von Farbkompositionen gezeigt, die sich an dem Raster und den Regeln des populären Sudokus orientieren. Maas spielt dieses Spiel allerdings nicht mit Zahlen, sondern mit Farben. Aus der globalen Kunstgeschichte fühlen sich die BetrachterInnen selbstredend an Gerhard Richter und seine 1024 oder 192 Quadrate sowie vergleichbare Werke erinnert. Doch anders als bei Richter ist es bei Maas eben nicht der Zufall, der die Komposition ergibt, und es sind auch nicht so viele Farben wie Felder. Schließlich ist auch der Farbauftrag bei dieser Arbeit ein völlig anderer als der, den wir bei den anderen Arbeiten der Ausstellung sehen. Konträr dazu, den Farbauftrag und die Mechanik des Auftrags gewissermaßen unsichtbar zu halten, ist dies hier gewollt sichtbar. Wir sehen eine dünn aufgetragene, schematisierte Pinselstrichgeste, ein Gestus, den sich Maas ansonsten nicht erlaubt und den er hier wie ein Zitat einsetzt.

Ein letzter Aspekt von Werken unserer Ausstellung lässt sich mit diesem Farbauftrag in Verbindung bringen: einige der Arbeiten weisen mit fetter Farbe getupfte Zonen aus, als handele es sich bei der Oberfläche des Bildes um eine Raufasertapete. Auch dies ist eine postmoderne Setzung. Nicht der sichtbare Pinselstrich als Resultat einer gestischen, vielleicht sogar von Gefühlen geprägten Malweise, sondern vielmehr die höchst präzise gearbeiteten Farbfelder mit
abstehenden Farbnasen als Spiegel einer gewollten Distanz zu den flächig aufgetragenen anderen Zonen dieser Werke.

We are pleased to present with Chanala, our gallery’s fourth solo exhibition with Jonas Maas, who lives and works in Düsseldorf. He completed his art studies in 2014 as a student of Tomma Abts at the Düsseldorf Academy. In the exhibition, we are showing a series of new works that have been created in recent months.

As in the past, the works are hybrid objects that can neither be clearly read as works in space (sculptures or reliefs) nor as simple wall works. The abstract paintings are applied in acrylic paint (sometimes with lacquer, ink, pencil and other media) on primed MDF panels. The panels are often hanging a few centimeters away from the wall and thus enter into the room.

In the images, we see geometric shapes such as diamonds, wafer-thin and wider stripes, rectangles, and triangles etc. With the reduction to colors and shapes and his focus on structures, Maas positions himself within the tradition of Concrete Art. In doing so, however, Maas disregards any engagement with society and focuses strictly on examining the constitutive conditions and possibilities of painting. Maas implements this with the greatest possible intensity, care, and joy in experimentation.

Amongst the works we are showing is a group of vertical and horizontal rectangular panels that are reminiscent of international flags and whose formation actually has its origins in them. For example, Maas combines the flags of Chile and Panama in his works Untitled (Chanala I and II), which became the title of the exhibition. However, it is not about painting national flags, nor is it about finding a contemporary form of Jasper Johns’ field of meaning opened up by his Flags, or pointing out historical and current conditions in the respective countries of the flags. It is simply a matter of creating new, concrete compositions on the basis of the visual data of such flags. In this respect, the flags cited should only be seen as points of reference.

It is interesting to see how Jonas Maas develops his compositions in general and how the techniques he uses affect the composition: The starting point for the paintings are not drawn studies, but images that are developed on the computer using an image processing program. On the PC, Maas can work with different layers and test the different layers on top of each other, as well as edit and change the formations of the respective layers in isolation. Maas also follows the principle of erasing only on one layer of the image file, making the underlying layers visible, when transferring his digital designs to the three-dimensional works. In a medium-sized, vertical format work, erasure is not only indicated on the level of the image motif; instead, Maas “erases” the entire image carrier in X shapes and reveals the underlying layer in red as well as the inner frame/carrier construction. Accordingly, the painting turns out to be a spatially multi-layered work, which also has two rounded corners and a yellow-painted, approximately 3 cm thick side edge and thus departs from the idea of a traditional, rectangular panel painting in oil on canvas. In this work, Maas combines numerous layers that seem to be brought together at random. On the one hand, we see shadowy repetitions of the elements of the wooden construction, on the other, again shadowy details of a portrait familiar to connoisseurs from the manga world, and finally, and most prominently, thin stripes reminiscent of a barcode.

All of this is a game of triggered but disappointed expectations: the viewer is repeatedly suggested knowledge and the possibility of insight which is then immediately undermined. While the lowest layer, the revealed carrier layer of the work, allows us a “deeper” insight, it does not permit understanding in the broader sense. Perception is thrown back on itself, if you like, and is continued under new conditions.

With a larger, vertical format work, Maas demonstrates his ability to subtly make systems and structures visible. Specifically, possibilities of color compositions are shown that are based on the grid and rules of the popular Sudoku puzzle. However, Maas does not play this game with numbers, but with colors. In terms of global art history, viewers are obviously reminded of Gerhard Richter and his 1024 or 192 squares and similar works. But unlike Richter’s work, Maas’ composition is not the result of chance, and there are not as many colors as there are squares. Finally, the application of paint in this work is also completely different from that seen in the other works in the exhibition. Contrary to keeping the paint application and the mechanics of the application invisible, so to speak, this is deliberately visible here. We see a thinly applied, schematized brushstroke gesture, a gesture that Maas otherwise does not allow himself and which he uses here as a sort of quotation.

A final aspect of the works in our exhibition can be linked to this application of paint: some of the works feature areas dabbed with bold paint, as if the surface of the painting was woodchip wallpaper. This is also a postmodern approach. The visible brushstroke is not the result of a gestural, perhaps even emotive painting style, but rather the extremely precisely worked fields of color with protruding noses of paint can be understood as a reflection of a deliberate distance to the other zones of these works, which are applied in a flat
manner.

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