Jose Dávila, Nic Hess, Arcangelo Sassolino
Sign o’ the Times

April 1 – June 17, 2017

Wir freuen uns sehr, mit Sign o’ the Times eine gemeinschaftliche Ausstellung von Jose Dávila, Nic Hess und Arcangelo Sassolino zeigen zu können.

Die Kunstwerke in dieser Ausstellung manifestieren die jeweils unterschiedliche Haltung der drei Künstler zu “Zeichen” und “Sprache”. Bei Nic Hess etwa läßt sich eine Verlagerung, Verschiebung dessen, was ein Zeichen bedeutet, hin zu dem Einsatz des Zeichens als kompositorisches Material, mit dem auch spielerisch umgegangen wird, beobachten. Bei Jose Dávila besteht ein eher kongruentes Verhältnis zwischen dem Signifikant und dem Signifikat. Beide Seiten des Zeichens, das bedeutende und das bedeutete, sind in einem Gleichlauf geführt. Bei Arcangelo Sassolino wird hingegen das bedeutende Rohmaterial an sich betont, dieses hat im Grunde keine darüber hinausgehende Bedeutung mehr.

Nic Hess benutzt in seinen raumgreifenden Installationen gewöhnliche Zeichen, wie Logos und Markenembleme, bekannte Symbole oder kunsthistorische Zeichen (oftmals berühmte, leicht wiedererkennbare Werke). Er suggeriert damit Lesbarkeit und konventionelle (Be-)Deutungsmöglichkeiten. Diese werden jedoch insofern dekonstruiert, als die Zeichen aus ihrem üblichen Kontext (zum Beispiel Wirtschaft oder Kunstgeschichte) herausgelöst und in die Installationen eingefügt werden. Dadurch, durch diese Rekontextualisierung werden sie auf ihren Materialgehalt und ihre visuell-ästhetische Wirkung reduziert. Das frühere, im “wirklichen Leben” vielleicht sogar dominante Signifikat (man denke an das Lacoste-Krokodil, das fast nur noch als Verweis auf die französische Marke und kaum mehr als Verweis auf das kraftstrotzende Tier zu verstehen ist) ist im Grunde seiner eigentlichen Funktion benommen und zu einer leeren Zeichenhülse (ein bloßer Signifikant) geworden, es geht in der intuitiv und mit klarem Raumbezug entstehenden Installation auf – was am Ende auch als eine Form der Kritik an der Omnipräsenz der Zeichen in unserer Welt gelesen werden kann. Dabei greifen Hess’ Interventionen den Rhythmus der jeweiligen Architektur auf, verstärken ihn durch perspektivische Linienführungen oder stellen sich ihm entgegen, wenn seine Motive etwa über Ecken und Vorsprünge des Raumes hinweggehen und ihn dadurch quasi negieren.

Jose Dávila greift mit den in Sign o’ the Times gezeigten Skulpturen auf (im Verhältnis zu Hess) vergleichsweise rohes Material zurück: Kuben aus Sandsteinplatten und Vulkansteine. Mit diesen miteinander verbundenen Elementen schafft er aber auf verschiedenen Ebenen zeichenhafte Verweise: Zum einen den Verweis auf den Gegensatz zwischen Zivilisation, Kultur (gebauter Kubus) vs. Wildnis, Natur (unbearbeiteter Vulkanstein). Zum anderen – und damit verwandt – den Verweis auf den in der Geschichte der Kunst schon oft gesehenen Gegensatz zwischen “formen” / “schaffen” und “finden” / “Ready Made”. Ferner den Verweis auf die Schwerkraft und ihre Gesetzmäßigkeit und die damit verbundene Möglichkeit, zu formen. Und schließlich den Verweis auf die Strategien der Bildhauer aus den 1960er Jahren, also die offensichtlichen Bezüge zu Werken von Richard Serra, Robert Morris oder Michael Heizer, um nur einige der möglichen Bezugspunkte zu nennen.
Während also Dávilas Zeichen einfache Strukturen aufweisen, in einem eher losen Zeichensystem funktionieren, läßt sich gleichwohl eine vielschichtige Lesbarkeit beschreiben.

Arcangelo Sassolino setzt Materialien direkter Krafteinwirkung aus. Kraft wird als physische Größe sichtbar und erfahrbar. Bei der Arbeit D.P.D.U.F.A. (dilatazione pneumatica di una forza attiva) handelt es sich um eine Skulptur, bestehend aus einem Edelstahlkubus und Polycarbonat, einer Flasche, einem Schlauch und einer mit Nitrogen gefüllten Gasflasche. Das Objekt fungiert als installative Versuchsanordnung, der eine Gewalt innewohnt, die zuerst kontrolliert wird und dann in einem unvorhersehbaren Moment extrem verdichteter Energie ausbricht. Die Glasflasche, ein alltäglicher Gegenstand, füllt sich unsichtbar mit Nitrogen bis der Druck so steigt, dass diese, schneller als das menschliche Auge wahrnehmen kann, zur Explosion kommt. Sichtbar sind lediglich zwei Zustände – die Flasche in ihrer ursprünglichen Form oder dieselbe zu Glasstaub zerborsten.
Bei den Arbeiten der Serie Untitled handelt es sich um Skulpturen aus Zement mit einer hochglänzenden Oberfläche. Für sie wird eine Polycarbonat-Platte unter Einwirkung massiver Kraft vom Künstler geformt. Darauf schleudert er in einem performativen Akt und unter Einsatz höchster Kraft flüssigen Beton (vergleichbar mit Richard Serra, der in seinen Splash Pieces Blei in Raumecken schleudert[e]). Der Beton härtet aus, Zeit, Temperatur und chemische Zusammenspiele beeinflussen eine immer neue Alchemie bei der Entstehung des Werkes. Sassolino reißt sodann die Polycarbonatoberfläche mit einer einzigen Geste ab, es bleibt ein “Bild”, eine dreidimensionale Form im Raum zurück; ein “Relief”, dessen Form sowohl durch die anfänglichen Entscheidungen des Künstlers, als auch von den Bedingungen der Materie selber, wie auch vom Zufall bedingt wird.
Sassolino arbeitet aus der Tradition der Arte Povera und des italienischen Futurismus doch löst er sich von symbolischer Repräsentation und öffnet die Skulptur physikalischen Phänomenen wie Geschwindigkeit, Druck, Schwerkraft und Reibung und der kontrollierten Gefahr.

Die Arbeit D.P.D.U.F.A (dilatazione pneumatica di una forza attiva) wird während der Laufzeit der Ausstellung ein Mal pro Tag (Dienstags bis Freitags zwischen 17 und 18 Uhr, Samstag zwischen 15 und 16 Uhr) “aktiviert”. D.h., daß in diesem Zeitraum eine Glasflasche langsam durch die Zuführung von Gas zur Explosion gebracht werden wird.

We are proud to present with Sign o’ the Times a mutual exhibition of Jose Dávila, Nic Hess and Arcangelo Sassolino.

The artworks of this show manifest the different approach of the artists towards “signs” and “language”. Nic Hess shifts the meaning of a sign towards the signifier. He uses the sign as an element of a composition, sometimes in a playful way. In the works by Jose Dávila we see a rather congruent relation of signifier and signified. The two sides of the sign are synchronized. Arcangelo Sassolino stresses the signifying raw material, there seems to be no further meaning to the sign.

In his extensive installations Nic Hess employs ordinary signs, like logos or labels, known symbols or art historical signs (often famous artworks that are easy to recognize). He is thus insinuating readability and conventional meaningfulness. These signs are, however, deconstructed, they are separated from their usual context (for instance economy or art history) and integrated in installations. Through this re-contextualization they are reduced to their material content and to their visual-esthetic effect. The earlier significate, that might have been dominating in “real life” (one could think of the Lacoste-crocodile that is commonly understood mainly as a symbol for the French brand and much less so as a symbol for the powerful animal) has been detached off its main function and pushed towards a being as an empty shell, a mere signifier. The sign is reduced to being an element in the installation, an installation that comes to life intuitively and with a clear relation to the space in which it is located. At the end of the day this can be understood also as a form of criticism of the overwhelming presence of signs in our world. In the same time, Hess’ interventions work with the rhythm of the architecture, they enforce it by adapting the perspective lines or they contradict it when the images that have been employed ignore corners or projections of a space – and thus negate the space and its architecture.

Jose Dávila‘s uses comparatively raw material (compared to Nic Hess) for the sculptures he is showing in Sign o’ the Times: cubes made from sandstone and volcanic rocks. With these elements, put together, he creates different levels of referring signs: On the one side he refers to the contradiction of civilization, culture (the built cubes) vs. wildness, nature (the found rocks). On the other side – and related to the first pair – he refers to the contradiction of “forming” / “creating” vs. “finding” / “Ready Made”, a contradiction that is part of the art discourse since Marcel Duchamp. Also, Dávila refers to gravity and its laws and its capacity to form by utilizing weight. Finally, there is a reference towards the sculptural strategies of the 1960ies, an obvious reference towards works by Richard Serra, Robert Morris, or Michael Heizer, to mention just a few. While Dávila’s signs are structured very simple, they can thus be read on diverse, complex levels.

Arcangelo Sassolino exposes materials to direct force. Force becomes visible and even tangible as a physical power. The work D.P.D.U.F.A. (dilatazione pneumatica di una forza attiva) is a sculpture, consisting of a stainless steel cube and polycarbonate, a bottle, a tube, and a cylinder filled with nitrogen. The object serves as an experimental set-up with inherent power. Power that is first under control and that erupts in an unforeseeable instant of extremely condensed energy. The glass bottle, an everyday object, is filled with nitrogen until the pressure is so high that it bursts, faster than the human eye can see. Visible is either the integer object (bottle) or its dust.
The works from the series Untitled are concrete sculptures with glossy surfaces. A polycarbonate- sheet is formed by the artist applying extreme power to it to compress it. He adds fluid concrete on it in a performative act by powerfully throwing it on the surface (comparable to Richard Serra’s act of throwing lead in corners in his Splash Pieces). The concrete sets, time and temperature and chemical reactions influence an ever changing alchemy in the making of the work. In the following Sassolino tears off the polycarbonate with one gesture, a three-dimensional form remains; a relief with a form that is conditioned by the initial decisions of the artist as well as by the material and by chance. Sassolino works out of the tradition of Arte Povera and the Italian Futurism but he departs from any kind of symbolic representation and he opens sculpture to physical phenomena like speed, pressure, gravity, friction, and controlled danger.

The work D.P.D.U.F.A. will be activated once per day in the course of the exhibition (Tuesday through Friday between 5 and 6 pm, Saturday between 3 and 4 pm). At some point during these hours the glass bottle will explode after gas has been continuously added to it.